Obliegenheit: Wozu sind Schuldner verpflichtet?

Von Gitte H.

Letzte Aktualisierung am: 4. April 2024

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten

Obliegenheit: Das Wichtigste in Kürze

Was ist eine Obliegenheit?

Per Definition stellt eine Obliegenheit eine Verpflichtung dar, die jedoch nicht eingeklagt werden kann. Der Betroffene einer Obliegenheit ist immer nur gegenüber sich selbst verpflichtet und keinem anderen. Mehr erfahren Sie hier.

Was passiert, wenn jemand seine Obliegenheiten verletzt?

Verletzt ein Schuldner seine Obliegenheit, macht er sich nicht schadensersatzpflichtig. Allerdings können sich für ihn dadurch Nachteile ergeben, die er selbst tragen muss, wie z. B. der Verlust bestimmter Rechte.

Welche Rolle spielen Obliegenheiten während der Privatinsolvenz?

Bei einer Privatinsolvenz besteht eine Obliegenheitspflicht für den Schuldner, z. B. die Erwerbsobliegenheit. Verletzt er diese, kann ihm die Restschuldbefreiung versagt werden.

Was genau sind Obliegenheiten?
Was genau sind Obliegenheiten?

Was ist eine Obliegenheit? – Eine Definition

In der deutschen Rechtsordnung existieren bestimmte Verpflichtungen, die ausschließlich dem Vorteil des Betroffenen dienen sollen. Kommt er diesen nicht nach, schadet er sich somit selbst, indem er auf diese Vorteile verzichtet. Einen Schadensersatz muss er jedoch nicht erbringen. Eine derartige Sonderverpflichtung wird im Rechtswesen als Obliegenheit bezeichnet.

Wird Ihnen eine Obliegenheit auferlegt, sind Sie nur gegenüber sich selbst verpflichtet, diese auch zu erfüllen. In der Regel ist es jedoch lohnend, denn auch wenn die Verletzung einer Obliegenheit keine direkte Strafe nach sich zieht, können sich die daraus ergebenden Nachteile trotzdem wie eine Bestrafung anfühlen.

Die Obliegenheitsverpflichtung in der Privatinsolvenz

Wenn Sie eine Privatinsolvenz angemeldet haben, werden Ihnen als Schuldner verschiedene Obliegenheiten auferlegt. Diese sind während der Wohlverhaltensphase, also dem Zeitraum zwischen der Insolvenzeröffnung und dem Ende der Abtretungsfrist, zu erfüllen.

Welche Verpflichtungen einem Schuldner obliegen, legt der § 295 Insolvenzordnung (InsO) fest. Demnach müssen Sie

Während der Privatinsolvenz besteht eine Obliegenheitspflicht.
Während der Privatinsolvenz besteht eine Obliegenheitspflicht.
  • eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben, um ein Einkommen zu erzielen, mit dem die Gläubiger befriedigt werden können.
  • sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen, sollten Sie keiner Beschäftigung nachgehen. Es obliegt Ihnen somit, keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.
  • ein Erbe oder eine Schenkung, das bzw. die Sie während der Wohlverhaltensphase erhalten, zur Hälfte an den Treuhänder abgeben.
  • Gewinne aus Lotterien und anderen Spielen vollständig an den Treuhänder herausgeben.
  • sowohl das Insolvenzgericht als auch den Treuhänder über einen Wechsel des Wohnsitzes oder der Arbeitsstelle informieren.
  • stets vollständige und wahrheitsgemäße Angaben über Ihre Einkünfte und Ihr Vermögen machen.
  • die Zahlungen ausschließlich an den Treuhänder leisten. So soll verhindert werden, dass einer der Gläubiger gegenüber den anderen im Vorteil ist, wenn Sie ihn direkt befriedigen statt über den Treuhänder.
  • keine unangemessenen Verbindlichkeiten (z. B. für einen Luxusurlaub) begründen.

Gehen Sie einer selbstständigen Tätigkeit nach, besteht für Sie die Anforderung bzw. die Obliegenheit, die Zahlungen an den Treuhänder nicht gemäß Ihrem tatsächlichen Einkommen zu leisten, sondern so, als würden Sie in einem (angemessenen) Beschäftigungsverhältnis stehen. Es wird somit ein fiktives Einkommen zur Berechnung herangezogen.

Konsequenzen bei einer Obliegenheitsverletzung

Im Insolvenzverfahren kann eine Obliegenheitsverletzung, zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.
Im Insolvenzverfahren kann eine Obliegenheitsverletzung, zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.

Wie bereits mehrfach erwähnt, können Sie nicht zu einer Schadensersatzleistung verpflichtet werden, wenn Sie einer Obliegenheit nicht nachkommen. Aber Sie verlieren unter Umstände bestimmte Rechte und Vorteile.

Wenn Sie im Laufe der Privatinsolvenz eine Ihnen auferlegte Obliegenheit verletzen und sich z. B. nicht um eine angemessene Tätigkeit bemühen, kann einer Ihrer Gläubiger beantragen, dass Ihnen die Restschuldbefreiung versagt wird. Gibt das Insolvenzgericht dem statt, ist dies sehr bitter, denn es bedeutet, dass Sie nach Abschluss des Insolvenzverfahrens immer noch mit den Schulden dastehen.

Eine Obliegenheit während der Privatinsolvenz sollte deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden.

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Über den Autor

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Gitte H.

Gitte hat ihren Master-Abschluss in Germanistik absolviert und viel Erfahrung im Umgang mit juristischen Fachtexten. Seit 2017 schreibt sie für schuldnerberatungen.org und verfasst Ratgeber rund ums Schuldenrecht. Ihre Schwerpunkte liegen auf den Themen Privat- und Unternehmensinsolvenz.

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